Aus der Historie des CVJM-Westbund
Auf dieser Seite werden wollen wir historische Dokumente aus dem Archiv des CVJM-Westbund zugänglich machen.
Die hier veröffentlichten ersten Sammelbände des Jünglingsboten – also des „Urahnen“ vom CVJM Magazin umfassen die Ausgaben ab Nr. 1, die im Zeitraum von Juli 1847 bis Dezember 1850 erschienen sind. Aus den einzelnen Beiträgen lässt sich die Geschichte der Gründung vom damaligen „Rheinisch-Westphälischen Jünglingsbund“, dem heutigen CVJM-Westbund ablesen.
Der „Jünglings-Bote – Vorläufer des CVJM Magazins
175 Jahre CVJM-Magazin
„Kannst Du uns auf einer Doppelseite mit 5000 Zeichen einen Artikel über die 175-jährige Geschichte unseres CVJM-Magazins schreiben?“ Das war die Anfrage, die mich erreichte. Also machte ich mich an die Arbeit und nahm mir aus unserem Westbund-Archiv erst einmal die ersten 10 Jahrgänge (1847–1856) mit nach Hause und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, so viele spannende Entdeckungen machte ich schon beim ersten Lesen. Und schnell wurde mir klar: 175 Jahre auf einer Doppelseite, das geht nicht, dafür bräuchte es ein ganzes Heft!
Daher hier nun das „Abenteuer“ des Anfangs!
Das ist schon ein besonderes Gefühl, die vergilbten, 175 Jahre alten Seiten der Nr. 1 des „Jünglings-Boten“ von Juli 1847 – so hieß das CVJM-Magazin damals – in den Händen zu halten. „Es trägt den Namen eines Boten, und eben nur ein solcher und weiter nichts will es sein, ein Bote, der uns Nachrichten von Euch und andern Ländern bringen soll, und hinwiederum Euch von uns“, so erklärt Pastor Gerhard Dürselen aus Ronsdorf, einer der beiden Redakteure, den Zweck dieser Publikation in Nr. 2, dem August-Heft, von 1847. Es ist also als eine Art Rundbrief gedacht, zu dessen Inhalt alle beitragen dürfen. Und diese Idee wird schreibfreudig von vielen Vereinen aufgegriffen. Sie laden Nachbarvereine zu ihren Jahresfesten ein, berichten ausführlich darüber und geben einander Anregungen zur praktischen Vereinsarbeit. Es gibt Tipps zur Vereinsgründung, Mustersatzung und zum Vereinssparen. Es finden sich biblisch erbauliche Artikel, Themen wie „Vom Heiraten“, „Über Betheiligung an politischen Vereinen“, „Geschichte von der Ausbreitung des Christenthums“ oder ganz zeitaktuell auch über „Die Dampfmaschine“.
Doch wie kamen Gerhard Dürselen und sein Mitredakteur, der Lehrer Richard Frowein aus Moers, überhaupt dazu, diese Monatsschrift für „christliche Jünglinge und Jünglingsvereine“ herauszugeben? – Wir sind in der Phase der „Pioniere“. Regionale Strukturen haben die Jünglingsvereine noch nicht! Sie entstehen oft nebeneinander, ohne Wissen voneinander und das auch mit oft unterschiedlichem Profil, jeweils als Antwort auf die örtlichen Herausforderungen der Umbrüche der Industriellen Revolution.
Wie auch immer – jedenfalls bekommen die Vereine in Berlin, Stettin und Gartz und Greifenhagen in Pommern, Wind voneinander. Und sie wissen auch um ähnliche Vereine im Ausland, so die in Paris, London und Konstantinopel, „dagegen findet sich in unserm deutschen Vaterlande, zwischen Basel, Bremen und Hamburg, zwischen dem Rhein und Königsberg in Preußen, so mancher Verein, der mit uns dieselben Zwecke verfolgt, und dem wir noch immer schmerzlich ferne stehen. Diese alle mögen jetzt hervortreten und enger sich mit uns unter einander verbinden.“ Diesen Aufruf veröffentlichen sie im Februar 1847 im „Volksblatt für Stadt und Land“. Radio, Fernsehen und digitale Medien gibt’s noch nicht. Zeitungen und Zeitschriften sind das Medium! So kommt der Aufruf auch im Jünglingsverein in Wuppertal-Ronsdorf an und wird diskutiert. Dadurch angeregt entwickelt sich dann dort die Idee: „Man lasse eine Zeitschrift ins Leben treten, die nur für die Vereine bestimmt ist und nur das behandelt, was die Vereine und die Jünglinge betrifft, die, mit einem Wort, das Correspondens-Organ der Jünglingsvereine ist. Wenn ein solches Blatt in die Hände der Vereine und der einzelnen Jünglinge niedergelegt würde, so bekämen sie immer Kunde von den Brüdern in der Nähe und in der Ferne, Kunde von dem, was sie treiben. Dieses Blatt würde ein mächtiges Band sein zwischen den zerstreuten Gliedern einer Gemeinschaft.“ Viele Vereine auf dem Gebiet des heutigen CVJM-Westbundes nutzen den Jünglings-Boten und geben sich mit ihren Berichten zu erkennen, aber es sind auch welche aus New York, Boston, London, Paris, Frankfurt, Karlsruhe, Glogau und Liegnitz. Aktuell gibt es noch keine Landesverbände, so auch nicht den Westbund. Und damit ist der Jünglingsbote die erste Plattform eines Miteinanders der jungen deutschsprachigen Bewegung auch über die Grenzen hinaus.
Über was berichtet wird, Themen und Inhalte, entwickelt sich nach und nach und ergibt sich auch aus den sich über die ersten Jahre mehr und mehr regional und überregional zusammenschließenden Vereinen. Obwohl „Bote für christliche Jünglinge“ gibt es in seinen ersten beiden Jahren auch immer wieder Berichte aus örtlichen Jungfrauenvereinen, so Ronsdorf, Ruhrort, Schwelm, Herdecke und Altena.
Mitte 1849 regt der Jünglingsverein Ronsdorf an, „eine monatliche Gebetsstunde …, in welcher um das Wachsthum des Reiches Gottes überhaupt und insbesondere der christlichen Vereine gemeinschaftlich gebetet werde“, einzuführen. Über die Durchführbarkeit und das Wie entsteht in den folgenden Nummern eine intensive Diskussion: „Die Tendenz der Jünglingsvereine ist nicht überall dieselbe und deswegen läßt sich kein bestimmtes Ja als Antwort auf diese Frage geben.“ Wie auch immer: Ab Anfang 1850 wird jeweils ein Schriftabschnitt für die monatliche Vereins-Gebetsstunde angegeben und ab Oktober gibt’s dann auch regelmäßig eine „Kurze Andeutung für die Anwendung“.
Ein Schwerpunkt der Arbeit örtlicher Jünglings-Vereine sind Angebote für Wandergesellen. Nach der Ausbildung gehört es sich, dass sie zur Vertiefung ihrer Berufserfahrung auf Wanderschaft gehen. Damit sie dabei „nicht unter die Räder“ kommen, veröffentlichen die Vereine im Jünglings-Boten Kontaktadressen für ihre Orte und bemühen sich auch um gute Unterkünfte und Arbeitsstellen. Mit solchen Adressen wird dann auch ein „Wanderbüchlein“ herausgegeben, in dem der Heimatverein mit seinem Eintrag den Gesellen den anderen Vereinen empfehlen und in das dann der jeweilig gastgebende Verein seine eigene Weiterempfehlung hinzufügen kann. Auch Stellenanzeigen von Handwerksmeistern für Lehrlinge und Gesellen finden sich immer wieder im Jünglings-Boten.
Mitte 1849 gibt’s dann große Veränderungen. Der Mitredakteur Richard Frowein aus Moers wandert in die USA aus. Die Titelseite ziert nicht mehr der Wandergeselle, sondern das Emblem des zwischenzeitlich gegründeten „Rhein-Westph-Jünglingsbund“ mit dem Leuchtturm. Ab sofort erscheint er vierzehntägig. Es gibt eine neue Druckerei in Wuppertal-Elberfeld und als neuer Mitredakteur findet sich der Musiklehrer A. Homann aus dem Elberfelder Jünglingsverein. Auch ihm ist’s zu verdanken, dass Mitte Juni 1850 ein eigenes Liederbuch für die Jünglingsvereine in Druck gehen kann.
– Dieser Artikel von Eckard M. Geisler ist im CVJM Magazin 3/2022, hier verlinkt ist.